Wednesday, August 13, 2025

Gegenwartsliteratur, ein Sample (13)

Charlotte Gneuß, Gittersee. Darf Gneuß das, fragt die Literaturkritik: als westdeutsch Sozialisierte über eine ostdeutsche jugendliche Lebenswelt schreiben. Ich frage mich eher, warum sie das überhaupt will: schon im Debüt handwerklich astreine, aber schrecklich gediegene und überraschungsfreie Relevanz- und Buchpreisliteratur abliefern. Meine Frage mag nicht viel schlauer und vielleicht impertinent sein, was weiß ich schon über die Beweggründe hinter der Stoffwahl. Aber das Buch liest sich nunmal wie das literarische Äquivalent zu bravem Förderkino, zeithistorische Brisanz kanalisiert als sanft menschelndes Milieustück (DDR als Milieu, bisschen doof finde ich das in der Tat auch), das gegen Ende in eine Thrillermechanik kippt, die offenlegt, wie schematisch die Figurenkonstellation von Anfang an angelegt ist. Dass Gneuß oft tolle Sprachbilder gelingen, macht die Sache für mich, ungnädig wie ich wieder mal bin, eher noch schlimmer - die gar nicht wenigen schönen Sätze verweisen auf ein viel besseres Buch, das nicht sein darf.

Rita Falk, Hannes. Rita Falk scheint sehr zu mögen: Männer, die leiden; und Männer, die (sich gegenseitig) heilen. Frauen leiden und heilen eher am Rande mit. Männliche Mainstreamgefühle, artikuliert in der Ansprache des Hauptleidenden an den komatösen besten Freund, in der einerseits ein brüchiges Selbstverhältnis aufgehoben ist und anderseits wie nebenbei (aber natürlich geht's darum hauptsächlich) eine provinzielle Mainstreamlebenswelt zwischen Eishockey, Irish Pub, Baggersee, Rumgebaggere und aber auch Zivildienst im Pflegeheim aufgefaltet wird. Sprachlich grundsolide im ewig selben Plauderton gehalten, effektivste Geheimwaffe die immer wieder eingeflochtenen "na ja"s und "egal"s - echt sind nur die Gefüle, die Mann sich nicht eingestehen will. Gegen Ende komme ich fast auf den Geschmack, es ist dann aber doch ein bisschen zu viel fader Unsinn mit drin, Nichtpointen, die seitenlang zu Tode geritten werden, homophobes Gewitzel wie in deutschen Nullerjahrekomödien und so weiter.

Andrea Paluch, Robert Habeck, Hauke Haiens Tod. Schullektüre spukt erstaunlich/erschreckend oft durch das Sample, jetzt sogar der Schimmelreiter, der nun wirklich ewiges gelbes Reclamheft hätte bleiben sollen anstatt aufgedonnert zu werden zum Öko-Inzest-Sekten-Gegenwartskrimitohowabohu. Einige Mühe geben sich Paluch und Habeck, zugegeben, mit dem Settting (nach einem lieblosen Auftakt im Rotlicht-Hamburg): touristisch aufpoliertes Dorf in Schleswig-Holstein, von alten Eifersüchteleien, Sexgeschichten und überlieferten feudalen Sozialstrukturen angefressen - aber eben außerdem, warum auch immer, von einer evangelikalen Sekte unterwandert! Nicht viel ergibt hier Sinn und vor allem ist es wahnsinnig ungelenk erzählt. Völlig zu Recht gibt es das alles inzwischen auch als ARD-Fernsehfilm.

Sunday, August 10, 2025

Gegenwartsliteratur, ein Sample (12)

Nora Bossong, 36,9. Tragödie und Farce, parallel montiert. Die Leute auf goodreads bevorzugen die Tragödie: Antonio Gramsci und die geliebten Schwestern, der leidende Gerechte, der die Liebe als unverhoffte Gnade erfährt und sie doch nicht ganz annehmen kann. Ich bin eher für die Farce zu haben: Anton "Tonio" Stöver, Gramsci-Forscher und Hallodri, auf den Spuren einer Tatjana, die sich vielleicht mit Gramscis Tanja vermischt. Während zuhause Hedda nicht mal mehr unbedingt wartet, die Frau mit dem deutschesten aller Namen. Das ist oft umwerfend komisch, gerade wie das komplette Ausmaß der Erbärmlichkeit Antons sich erst nach und nach herausschält. Auch wie die krachenden Anton-Subjektiven die distanziertere, vielleicht etwas arg gediegene Antonio-Einfühlung zumindest ein bisschen desavouieren... Ein bisschen zu sehr ins eigene Konzept verliebt ist das Buch gelegentlich freilich schon.

Sebastian Fitzek, Amokspiel. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, aber sicher nicht derartig kruden Ultrastuss. Gerade auch sprachlich... Ist ein Frühwerk, vielleicht gibt sich das später, die Fitzek-Bücher können doch nicht alle derart windschief vollgeschrieben sein? Der Reiz besteht, nehme ich an, in den einerseits in halsbrecherischer Geschwindigkeit montierten, andererseits aber doch wieder schrecklich verlaberten Twists. Alle sind erst tot, dann wieder lebendig, dann wieder tot, jeder ein Verräter, jeder ein Agent, die meisten Doppelagenten, aber wer einmal als "überraschend sympathisch" beschrieben wird, dem darf man dann doch hinfort bedingungslos über den Weg trauen. Ein unüberblickbares Figurenarsenal und Plotgestrüpp, gewürzt mit ein bisschen sehr pubertärem Sex hier und lieblos reingeklatschter Comic-Gewalt da. Aus der einen guten Idee, die am Anfang steht - ein intimes "Therapie"-Gespräch wird bundesweit im Radio übertragen -, macht Fitzek ganz und gar überhaupt nichts. Am besten tatsächlich noch in der Action-Konkretion, in der ethusiastischen Evokation endloser billig-Ballerfilme-Showdowns. Es stellt sich wieder mal die Frage, warum das so selten gut geht: Pulp auf deutsch. Von Lee Child, Michael Connelly oder anderen guten Airport-Novel-Autoren ist Fitzek so weit entfernt wie der Potsdamer Platz, auf dem der Roman hauptsächlich spielt, von Times Square.

Martin Suter, Elefant. Gentechnik ist böse, aber ein rosa Minielefant, der im Dunkeln leuchtet, der ist halt trotzdem süß. Um diese letztlich nicht allzu ergiebige Paradoxie herum bastelt Suter einen mäßig erquicklichen Crowdpleaser-Roman, der sein Personal gemäß geläufiger moralischer Kategorien sortiert und in eine einigermaßen ungelenke Plotmechanik einspannt, in der alle immer gerade zur rechten Zeit einander treffen oder eben nicht. Ganz schön, wie unaufgeregt und zugewandt sich das Buch den Zürcher Randständigen nähert. Überhaupt ist die Äquidistanz, die Suter aller moralischen Kasuistik zum Trotz in sprachlicher Hinsicht zu seinen Figuren hält, in der Theorie interessant. Das hat etwas von einem kleinen helvetischen Welttheater, aufgeführt in lakonischen Aussagesätzen. Zumindest in diesem speziellen Fall ist da, auch wegen der penetrant antimodernen Bias, für mich trotzdem nicht viel zu holen.

Saturday, August 09, 2025

Gegenwartsliteratur, ein Sample (11)

Fatma Aydemir, Dschinns. Wiedererkennbarkeit und Typisierung, Wiedererkennbarkeit per Typisierung. Alle Figuren sind gleichzeitig erfahrungssatt ausgearbeitet, "aus dem Leben gegriffen" und perfekt ausgestanzte Puzzlesteine, die sich fugenlos zum schlüssigen Sozialpanorama fügen; das freilich von vorn herein gesetzt ist, durch die einzelnen Figurenerzählungen nur immer wieder neu bestätigt wird, nicht dynamisch gedacht ist oder gar entgleisen kann. Die Spannung, die es im Inneren der Figurenkonstellation nicht gibt, wird stattdessen von außen hinzu addiert, durch ein "geheimes Familienmitglied", eine Art materiellen Geist, an dem das Unbehagen aller anderen Figuren mit sich selbst fassbar wird, fast wie in einem viktorianischen Melodram. Wie das gesamte Buch kann man auch diese Volte bewundern; gleichermaßen ornamental und wuchtig geschrieben ist Dschinns allemal - nur bleibt der Horizont halt stets eine Ordnung des Repräsentationellen, die mich nicht interessiert.

Esther Kinsky, Am Fluss. Passagen entlang Londoner, rheinländischer, osteuropäischer, anderer Wasserwege, nature writing vielleicht, aber stets mit einem aufmerksamen Blick für Kontaminationen: der Natur mit Urbanität, der Urbanität mit Natur, der Subjektivität mit Äußerlichem, des Äußerlichen mit Subjektivität, der Beschreibung mit Erzählung, der Erzählung mit Beschreibung. Ein Buch über die Gegenden vor allem, in der die Stadt ihre Form verliert und dadurch anders lesbar wird, ein bisschen wie Bernhard Sallmanns Berlin JWD, aber Berlin ist natürlich nicht so sumpfig-modrig, so schlackig-träge, wie London es womöglich tatsächlich mancherorts ist. Berlin ist immer schon modern, auch da wo es schrecklich demode ist. Vielleicht gerade da. Kinsky treibt hingegen London die Modernität gründlich aus, und zielt doch nicht auf ein Heimisch- oder Heimeligwerden... sondern ganz im Gegenteil auf einen Abschied, auf ein Verblassen.

Sven Heuchert, Alte Erde. Es gibt nicht viele Pageturner in der deutschen Gegenwartsliteratur. Das hier ist einer. Und was für einer. Ein rheinischer Redneck-Western, mal alttestamentarisch wuchtig, mal unverschämt spekulativ wie gutes Grindhouse-Kino (warum nicht mal jenseits jeder erzählerischen Dringlichkeit einem random Paar beim Ficken im Waldsee zuschauen und heimleuchten) und doch immer geerdet in dichtem, perspektivlosem Provinzmief. Keine Exposition, nur schemenhafte Figuren in präzise beschriebenen Landschaften, immer wieder überraschende Sprünge in Subjektiven, die nichts erklären, schon gar nichts rechtfertigen. Subjektivität ist in dieser Welt nur ein Brandbeschleuniger, reine Kinetik. Libidinöse Übersprungshandlungen: Der Blick auf die Frau, die einem entgleitet und der Griff zur Waffe sind eins. So viele Waffen, so viele Patronen. Irgendwo geht ein Wolf um. Und das alles soll ein paar Kilometer neben Siegburg spielen? Fabelhaft. Deutscher Hard Boiled, ja, aber auch deutscher Cormac McCarthy. Natürlich schon unverschämte Männerliteratur irgendwie. Aber halt auch: sowas von mein Ding.

Friday, August 08, 2025

Gegenwartsliteratur, ein Sample (10)

Judith Schalansky, Der Hals der Giraffe. Was wahrscheinlich wirklich nur Literatur so kann: mich eintauchen lassen in eine mir fremde Welt, die gleichzeitig eine mir (nicht ganz so) fremde Gedankenwelt ist. Wie die ostdeutsche Provinz weder soziologisch auserklärt noch impressionistisch ausgeschmückt oder gar elendstouristisch ausgebeutet, sondern in einen gattungshistorischen Zusammenhang verschoben wird: wunderbar. Toll auch die immer wieder kollabierende Distanz zwischen Autorin und Figur, natürlich wird uns Inge Lohmark nicht als Identifikationsfigur anempfohlen, aber wer fiktionale Obsessionen derart liebevoll ausgestaltet, der muss sie einfach bis zu einem gewissen Grad teilen. Tolles Buch insgesamt, ein bildungsbürgerliches Schreiben, dass sich in die eigenen Abgründe stürzt, sich in ihnen verheddert; ein Verlangen nach Ordnung, das Unordnung schafft und aus dieser Unordnung dann doch auch wieder Ordnungsgewinne zu ziehen vermag. Letztlich ein System ohne Außen - vielleicht ja in der Tat immer ein Wesensmerkmal guter Literatur.

Lukas Bärfuss, Hagard. Ein Beobachter wird beobachtet, und wie kunstvoll die beiden Ordnungen der Beobachtung immer wieder neu geordnet werden, wie der sekundäre Beobachter (der Erzähler) manchmal ein Eigenleben erhält, manchmal aber auch ganz im primären Beobachter (dem Protagonist) verschwindet oder vielleicht nur zu verschwinden scheint: das trägt mich über einige manieristische bis postmoderne Fragwürdigkeiten hinweg. Zum Beispiel: Wie in einem Tykwer-Film bekommt eine Nebenfigur eine stenografische Kurzbiografie als eine Art Schattenroman hinter dem Roman aufgedrückt. Die Geschichte selbst, die Jagd des weitgehend eigenschaftslosen Mannes nach einer Frau, die nur Kontur und Lichtwesen ist, nicht über Gesicht und Geschichtlichkeit verfügen darf, ist wiederum etwas abgeschmackt. Sie weiß um ihre Abgeschmacktheit. Ob dieses Wissen sie weniger abgeschmackt macht, weiß ich nicht. Aber da ist schon viel in dem Buch, was mein Interesse wach hält.

Lucy Fricke, Das Fest. Eine womöglich in sich selbst schon irgendwie schlüssige Übung in einer Disziplin, die mir so gar nichts gibt. Ein Walk through memory lane unter den Vorzeichen einer generischen Midlife crisis im Kreuzberger Kreativen-Milieu. Kein Klischee wird ausgelassen: Wie schön war das damals, als wir die Nächte auf dem Flachdach beim letzten Bier ausklingen ließen. Dass das Ganze erzählarchitektonisch so modelliert ist, dass am Ende aus der memory lane doch wieder in Richtung Zukunft/Überwindung der crisis ausgeschert werden kann, wird allzu rasch klar. Dass die Hauptfigur ein desillusionierter deutscher Mainstreamkomödienregisseur ist, ergibt nur allzu viel Sinn; Sönke Wortmann könnte an der adretten Sozialmechanik des Fricke-Plots einigen Gefallen finden. Frederik Lau ist allerdings derzeit noch deutlich zu jung für die Hauptrolle. Nebenbeobachtung: Bisher noch kein auch nur einigermaßen interessantes Buch im Sample, das in Berlin spielt.

Thursday, August 07, 2025

Gegenwartsliteratur, ein Sample (9)

Lutz Seiler, Kruso

Jenny Erpenbeck, Kairos

Helga Schubert, Der heutige Tag: Ein Stundenbuch der Liebe


Es ist schon Monate her, dass ich die drei Bücher gelesen habe, aber ich konnte mich, bis jetzt gerade, nicht dazu durchringen, ihnen auch nur ein paar Zeilen zu widmen. Nicht, weil sie besonders schwach wären; zwei der drei gehören zu den interessanteren des Samples, selbst beim dritten (Erpenbeck) kann ich nachvollziehen, was einen daran reizen könnte. Eher ist das gesamte Projekt in die Krise geraten; die Gedanken und Energien sind anderswo gebunden, wenn sie nicht eh verpuffen, die Bücher mit ihren oft anstrengenden Agenden sind jedenfalls meist arg weit weg von dem, was mich sonst umtreibt.

Aber vielleicht kann ja gerade dieser Abstand Ansporn sein? Jedenfalls habe ich beschlossen, doch weiter zu lesen und nehme mir vor, immer erst einmal von der Annahme auszugehen, dass die deutsche Gegenwartsliteratur ein fremder Planet ist, auf dem ich mich wenn dann nur sehr zufällig heimisch (oder auch: auf produktive Weise nichtheimisch) fühlen kann. 

An Helga Schuberts Buch etwa habe ich nicht das Geringste auszusetzen, es nimmt unaufgeregt und kein bisschen eitel eine Perspektive des Alters und der emotionalen Sicherheit im Blick auf ein bereits gelebtes Leben ein, die mir imponiert und der ich bislang, glaube ich, nicht oft begegnet bin; und doch greife ich durch die Sätze hindurch und bekomme nichts zu fassen als ein ewiges in sich selbst Ruhen. Das ist natürlich arg vage und geht kaum auch nur als Beschreibung durch. Jedenfalls: hängengeblieben ist nichts. Die Löchrigkeit meiner Erinnerung als Maßstab für auch nur irgendwas zu nehmen ist allerdings erst recht unsinnig, also belasse ich es lieber dabei. 

Dass sowohl Seiler als auch Erpenbeck in ihren vom Erzählgestus her sonst so grundverschiedenen Büchern das Ende der DDR in verqueren Coming-of-Age-Erzählungen spiegeln, ist ein schöner Zufall. Bei Seiler macht sich die Allegorie, wenn es denn eine ist, selbstständig; bei Erpenbeck nicht. Bei Seiler führt sie in ein Off der Geschichte, in eine instabile Gegenwelt, die sich Satz für Satz gegen ihr eigenes Verschwinden wehrt; bei Erpenbeck führt sie zurück zur Welt und zur Geschichte, wie wir sie kennen, zu Sätzen, die so banal sind, dass ich nicht anders kann als mich zu fragen: dafür der Auwand?

Tuesday, July 29, 2025

Fernsehen ohne Ton auf dem Laufband (immer noch kein Fitnesstagebuch)

Ein Hinkelsteinporträt während der Radrennübertragung, Dauer vielleicht drei Minuten. Ein kleiner "Einspieler", produziert von einem kleinen Team, das sich, stelle ich mir vor, über den Auftrag freut. Ein kultureller Snack im Vorbeifahren, eine Spezialität des Radrennjournalismus und alles in allem eine schöne Sache. Auch ich würde jetzt gerne im Schatten des Hinkelsteins sitzen.

Programmwechsel

Geheimnisvolle Eichhörnchen. Sie springen im Baum und in Zeitlupe von Ast zu Ast. Wie athletisch sie sind, so dünne Äste, so weite Sprünge. Ein Raubvogel schnappt sich eines, jetzt liegt es tot in seinem Nest, nur noch ein blutiges Stück Fell. Nicht alles unter der Sonne ist mir gleich nah, merke ich, ich schaue lieber Eichhörnchen zu als Raubvögeln bei ihrem jeweiligen Tun.

Nächste Sendung

Mysteriöse Bäume. Die Linde. Anders als Tiere brauchen Bäume im Fernsehen menschliche Vermittler. Einen Typ in roter Outdoorjacke zunächst, er steht aufmerksam unter einer Linde und blickt nach oben. Ein kundiger Lindenspezialist, der es eilig hat, stelle ich mir vor. Interessiert er sich überhaupt für den einzelnen Baum oder nur für die Art an sich? Später sitzen ein älterer Mann und eine mittelalte Frau unter der Linde. Sie wirken weniger kundig, aber dem Baum angemessener. Die Frau greift in eine Tasche, holt Lindenblüten hervor und zeigt sie dem Mann.

Thursday, May 22, 2025

Vor dem Umstieg auf Windows 12

Die heroische Ära der Computer ist längst vorbei. Aber auch ihrer Rolle als perfekt geölte Zahnrädchen im Getriebe der Informationsgesellschaft können sie immer weniger erfüllen. Natürlich sind sie komplexer geworden, aber eben deshalb unberechenbarer. Zu sagen, sie hätten sich zu Tode gesiegt, wäre zu melodramatisch gedacht. Eher haben sie sich überfressen. Sie sind gleichzeitig leistungsfähiger und fehleranfälliger geworden. Die Fehler haben für Beobachter den höheren Informationswert. Noch. Vielleicht wird auch das bald nivelliert. Der Normalfall komplexer Systeme in der Gegenwart ist womöglich jetzt schon die Deutsche Bahn, nicht die perfekt auf individuelle Bedürfnisse adjustierbare Linux-Distribution. Das Versprechen auf die Zukunft, das die Computer waren, wurde nicht gehalten. Sie selbst existieren weiter. Sie sind triste Riesen.

Thursday, April 17, 2025

1 und 2

 1 Der Typ, der mit zwei schicken skater girls an der Tramhaltestelle steht, sich nach seinem eigenen Board bückt und dabei seine eigene, tief sitzende Hose festhält. Vergeblich. Aber sehen die beiden skater girls überhaupt seinen ass crack? Oder nur ich?

2 Der Typ, der am Geländer der Haltstelle lehnt, mit den Rücken zu den Gleisen. Auf seinem Sweatshirt steht: "Schlank würde ich Dich nur unnötig geil machen". Tatsächlich ist er keineswegs schlank. Später stelle ich mir vor, wie es wäre, wenn die Leute die Worte und Sätze, die auf ihren Kleidern stehen, kontinuierlich vor sich hin sprechen würden, nicht im Robotersprech oder so, sondern mit normal lauter, natürlicher Stimme. Als an- und abschaltbares augmented reality feature wäre das ein großer Erfolg.

Thursday, February 13, 2025

So ein Pech

 Im Traum stand ich lange an einer roten Ampel. Als sie auf Grün umschaltete, wachte ich auf.

Tuesday, January 21, 2025

Kein Fitnesstagebuch

Warum kein Fitnesstagebuch? Weil ich letztlich doch meist nicht diszipliniert, nicht selbsteinschränkungsbereit genug bin fürs Beobachten, auch nicht fürs Selbstbeobachten. Deshalb höre ich inzwischen, bezeihungsweise bereits seit dem zweiten Training, während des Trainings Musik. Mahler vor allem (lebe so, dass Adorno nicht damit einverstanden wäre). Rennen, Mahler höhren und beobachten: Das geht schlicht nicht. Ist auch besser so, denn ich habe, spät aber doch noch, entdeckt, dass ich mich auf dem Laufband gar nicht hinter blickdichtem Glas befinde. Sondern der Gegenbeobachtung ausgeliefert bin. Zum Glück gibt es wenig Gründe, sich im Bereich, den ich beobachten könnte und von dem aus man mich beobachten könnte, länger aufzuhalten. Der Frage, ob mein Beobachten dennoch bemerkt werden könnte, entziehe ich mich, indem ich gar nicht erst beobachte.